Es begab sich zu einer Zeit, als ich noch kein Botschaftsangehoerigenangehoeriger war, sondern ein Mobilfunkverkäufer. Ich würde ja gerne sagen MobilfunkFACHverkäufer, aber das wäre bei meinen Kunden vergebene Liebesmüh gewesen. Es war nämlich zu einer Zeit, in der man einen messbaren Teil seines Umsatzes mit Handy-Oberschalen erwirtschaften konnte, und das Wort „Bluetooth“ maximal im Zusammenhang mit Wandfarben in Zahnarztpraxen verwendet wurde. Man musste nicht vom Fach sein. Es reichte, wenn man die Frage „Hamse South-Park-Oberschalen“ fürs Nokia 3210?“ positiv beantworten konnte. Und dann die Kasse aufmachen konnte, um knapp 20 DM in die Kasse zu tun.
Das Leben hätte einfach sein können, wenn es nicht ab und zu Stör-Ereignisse gegeben hätte.
Zum Beispiel erschien eines unschuldigen Nachmittags eine durchschnittliche Reinickendorfer Mutter in der damals üblichen Kombination von lila Leggings mit Ozelot-Print, einem goldfarbenen Polyester-Top in Größe 42 und einer Dauerwelle, die vor ungefähr 9 Wochen den Zustand „rausgewachsen“ verlassen hatte.
In ihrem Schlepptau ein weiblicher Teenager mit den ortsüblichen Piercings in Nasenflügel, Augenbraue und Unterlippe. Den Gesichtsausdruck als gelangweilt zu bezeichnen, wäre untertrieben gewesen. Angepisst traf es besser.
Mutti stieg gleich mit einer hellseherischen Spekulation ins Gespräch ein: „Gut, dass sie grad Zeit haben!“.
Wenn ich gewusst hätte, was mich in den nächsten 20 Minute erwartete hätte ich gesagt: „Tut mir leid, dass ich sie gerade jetzt nicht bedienen kann, aber ich wollte mich gerade freiwillig zur Fremdenlegion melden“.
Mutti griff in einen Baumwollbeutel, der davon kündete, dass sie Kundin in einer Apotheke um die Ecke war… Und knallte mir einen ca. 8 Zentimeter hohen Stapel von Papieren auf den Tisch und sagte: „Das müssen‘se stornieren“.
Ich gebe zu, es war mein Fehler, dass ich die Papiere überhaupt angefasst habe, aber da Mutti einen Wortschwall über mir ausschüttete, versuchte ich, durch die Lektüre in den Papieren ihren Worten einen Sinn zu geben.
Nur 5 Minuten später hatte ich es verstanden: Vor mir lagen sechs Mobilfunkverträge von drei Fremdanbietern, also von allen deutschen Mobilfunk-Anbietern, außer dem einen, dessen Logo in meinem Geschäft rumhing.
Das angenervt guckende Töchterchen hatte vor einigen Tagen die Volljährigkeit erreicht. Pünktlich an dem auf die Volljährigkeit folgenden Tag hat sie in einem Mobilfunkgeschäft im Wedding die sechs bereits erwähnten Mobilfunkverträge abgeschlossen und dafür sechs Handys für sechs Mark erhalten. Die Verträge hatte die Tochter für Freunde ihres Freundes abgeschlossen, der Freund war plötzlich weg… Und mit ihm die Handys samt SIM-Karten.
Mutti trug erneute ihr Anliegen vor, nämlich, dass ich die Verträge jetzt stornieren soll. Ich habe versucht, es Ihr so allgemeinverständlich wie möglich zu erklären, dass ich für Verträge anderer Anbieter erstens nicht zuständig wäre, und dass ihre Tochter zweitens volljährig ist.
Die Antwort der Mutter war geeignet, dass BGB in seinen Grundfesten zu erschüttern. Ich zitiere den Satz, der sich mir an diesem Nachmittag ins Langzeitgedächtnis eingestanzt hat: „Wann meine Tochter volljährig ist, das entscheide immer noch ich.“
Die Antwort der Mutter war geeignet, dass BGB in seinen Grundfesten zu erschüttern. Ich zitiere den Satz, der sich mir an diesem Nachmittag ins Langzeitgedächtnis eingestanzt hat: „Wann meine Tochter volljährig ist, das entscheide immer noch ich.“
Damit war es mir klar: Hier war nichts mehr zu machen, ich musste die beiden Zierden des weiblichen Genpools loswerden.
Ich habe dann versucht, die beiden zu dem Geschäft zu schicken, wo die Tochter im Vollbesitz ihrer Rechte bei gleichzeitiger völliger und dauerhafter Abwesenheit von Verstand die Verträge unterschrieben hatte.
Der Einwand der Mutter, warum das nicht funktionieren würde, war plausibel: „Da habe ich Hausverbot, die rufen nur wieder die Polizei.“
Ich bin die beiden mit einem zugegeben unfairen Trick losgeworden: Ich habe der Mutter gesagt, dass sie nur noch eine Chance hat. Nämlich sofort zur Polizei zu gehen, die würden schon wissen, was zu tun ist. Die beiden zogen ab…
Ich bin die beiden mit einem zugegeben unfairen Trick losgeworden: Ich habe der Mutter gesagt, dass sie nur noch eine Chance hat. Nämlich sofort zur Polizei zu gehen, die würden schon wissen, was zu tun ist. Die beiden zogen ab…
Ich hatte danach noch ein paar Wochen Angst, dass ein Streifenwagen vorfährt und ich mich dafür hätte rechtfertigen müssen, dass ich zwei offensichtlich Bekloppte der Polizei auf den Hals gehetzt hatte.
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